Original Autor: Ralf Hübl
Hamburger Hafen und Alster
Fr. 22.07 – So. 24.07.2022
Die Fahrt erfolgte im Rahmen der Trainer-C Ausbildung, und beinhaltete das Modul „Touring und Fahrtenplanung“
Ausrichter: KC Zugvogel e.V.
Ausbilder: Tobias König
Teilnehmer: ca. 8 Kanuten + 4 Trainer-C Anwärter
Vom KC mit dabei: Ralf Hübl und Alexander Scharz
Von der VWG mit dabei: Uta Wollenberger.
Freitag: Anreise
Wir bezogen Quartier im Bootshaus des RDE (Ring der Einzelpaddler) in Blankenese.
Direkt am Elbufer. Nach einem kurzen Ausflug in den örtlichen Supermarkt, überholte!!! mich auf dem Rückweg eines der Aida Kreuzfahrtschiffe. Die Bugwelle war schon imposant. Ich dachte nur so bei mir „… ach Du Scheibenkleister.“
Nach einem gemeinsamen Abendessen haben die Traineranwärter noch die Fahrtenplanung durchgesprochen. Ein wichtiger Aspekt war dabei die Gezeiten, welche auf der Unterelbe zu beachten sind. Zu der normalen Fließgeschwindigkeit der Elbe von etwa 5 km/h muss man noch die Gezeitenströmung hinzurechnen, diese beträgt in Hamburg ca. +/- 4,5 km/h. Also es ist unmöglich bei ablaufendem Wasser gegen diese Strömung anzukommen. Daher war eine genaue zeitliche Planung notwendig. Wir haben festgelegt das wir bei am Sonnabend spätestens gegen 9 Uhr morgens in Blankenese bei auflaufendem Wasser losfahren. Den Hafen zwischen 12-13 Uhr erreichen, wenn die Flut ihren Höhepunkt erreicht und dann mit dem ablaufenden Wasser wieder zurück nach Blankenese fahren. Es galt auch noch die Befahrungsregeln im Hafengebiet durchzusprechen und geeignete Plätze für Zwischenhalte festzulegen und da die Zeit ein sehr wichtiger Faktor ist, auch genau festzulegen, wie lange wir uns dort maximal aufhalten dürfen.
Die Nacht war sehr unruhig. Gegen Mitternacht war die Flut auf ihrem Höhepunkt. Nur zu diesem Zeitpunkt ist es möglich, dass die wirklich großen Containerschiffe, den Hafen verlassen bzw. erreichen können. Dem zufolge herrschte ein reger Verkehr. Die helle Beleuchtung und dieses niederfrequente wummernde Geräusch der riesigen Schiffmotoren haben mich um den Schlaf gebracht und werden mir noch lange in Erinnerung bleiben.
Sonnabend: Fahrt durch den Hafen
Wir mussten zeitig aufstehen, um unser Startfenster nicht zu verpassen. Nach einem gemeinsamen Frühstück machten wir uns zügig auf zum Elbstrand. Das Einsetzen am Strand war noch die leichteste Übung. Sobald man aber hinter den Buhnen in die offene Strömung geriet, machte es Bums, erst kam der „kleine“ Strudel hinter der Buhne und dann die volle Wucht der Strömung, so hatte ich das noch nicht erlebt und ein kurzzeitiger Kontrollverlust war die Folge.
Die Fahrt ging dann zunächst am rechten Elbufer entlang Richtung Ovelgönne. Auf der anderen Elbseite waren die endlosen Werkhallen der Airbuswerft zu sehen. Die Elbe hat in diesem Bereich noch einen breit auslaufenden Strand. Daher hatten die Bugwellen der Berufsschifffahrt noch keine gravierenden Auswirkungen. Das sollte sich aber sehr bald ändern. Der Wind frischte auf und es eine kräftig Briese aus Richtung Nordsee. In Ovelgönne passierten wir daher den kleinen Museumshafen im halbwegs windgeschützten Bereich hinter dem Ponton des Fähranlegers. Es war die letzte Gelegenheit die Sitzposition anzupassen und die Fußstützen entsprechend korrekt einzustellen. Wenn man bis jetzt nur locker gesessen hat, war es spätestens hier an der Zeit sich wie ein richtiger Seekajakfahrer hinzusetzen. Also die Beine unter dem Verdeck gespreizt und fest verankert, so dass man nicht locker hin und her rutscht. Um eine richtige Welle auszureiten, braucht man die volle Kontrolle und muss das Kajak mit der Hüfte ausbalancieren. Ein einfacher lockerer Stützschlag reicht nicht mehr, man muss mit vollem Körpereinsatz arbeiten. Also habe ich mein Kajak auf eine Slip-bahn gezogen, alle Einstellungen korrigiert, wieder reingesetzt und vergessen den richtigen Sitz meiner Spritzdecke zu kontrollieren, das sollte sich später noch bitter rächen.
Weiter gings bei zunehmen schlechteren Wetter vorbei am Anlieger für die Hafenschlepper, den Fischereihafen bis zu den Landungsbrücken. Laut Hafenordnung müssen Handkraft betriebene Fahrzeuge die Landungsbrücken in dem engen Kanal zwischen Kaimauer und Ponton passieren. Dort gehen aber auch unzählige Barkassenkapitäne ihrem Geschäft nach. Diese hatten wenig Verständnis für uns und empfanden uns eher als Störung.
Nach der letzten Landungsbrücken Ponton hats mich dann erwischt, dort ist ein Anleger der berüchtigten Hafenfähre 62. Deren Boote sind sehr kräftig und machen ordentlich Welle. Ich geriet ins Kreuzwasser einer anlegenden und einer ablegenden Fähre. Ich bin nicht umgekippt, aber die Wellen sind über mich drüber gelaufen und mein Kahn hatte danach 5 cm Bilge. Ab da hatte ich also eine nassen Hintern und der ganze Kahn reagiert wegen des hin und her schwappenden Wassers noch unkontrollierter.
In diesem Zustand gings dann durch den Zollkanal, einmal durch die Speicherstadt auch vorbei am Miniaturwunderland bis zum Störtebeker-Ufer. Für die Sehenswürdigkeiten hatte ich keinen Blick. weil ich die ganze Zeit damit beschäftigt war, mit einem Schwamm mein Boot zu lenzen und wegen des kalten Wassers, in dem ich saß, einen zunehmen unangenehmer werdenden Harndrang verspürte.
Am Störtebeker-Ufer haben wir dann unsere Boote über eine recht ungünstige Treppe aufs Trockene gebracht. Es war für die ganze Gruppe daher richtig wichtig, dass man das ordentlich organisiert und sich gegenseitig geholfen wird. Am dortigen war gerade eine kleine Festivität mit allerlei Imbissbuden und auch einer erlösenden, öffentlichen Toiletten im Gange. Wir verbrachten dort ca. 1 Stunde die verbliebene Zeit bis zum Einsetzen der Ebbe. Die habe ich genutzt um durch geschicktes in die Sonne halten, meine „Strumpfhosen“ wieder trocken zu bekommen. Besser wäre es gewesen, wenn ich Wechselklamotten dabeigehabt hätte.
Gegen 13 Uhr setzte die Ebbe ein, also brachten wir die Boote zu Wasser und machten uns durch den Magdeburger Hafen zurück in die sogenannte Nord-Elbe, vorbei am Chicago-Kai (ehemalige Anlegestelle der Aida) und der Elbphilharmonie, mit einem kurzen Ausflug durch den Sandtorhafen zurück zu den Landungsbrücken. Der Wind hatte merklich aufgefrischt und man hatte nur noch damit zu tun, die Wellen auszureiten. Das dort dauernd irgendwelche Frachtschiffe, Schlepper und Fähren mit richtig Welle rumgefahren sind, habe ich kaum mehr mitbekommen. Ich war eigentlich nur noch im „Überlebensmodus“. Wenn man auf dem Wannsee in eine Welle gerät, kann man die Richtung aus dem es einem erwischen wird vorher noch irgendwie abschätzen, hier ging das nicht mehr. Es war ein elendiges unkontrolliertes Geschaukel. Von der Besucher Terrasse der Elbphilharmonie rief noch ein Besucher „Das sieht anstrengend aus“ ich dachte nur noch „f… dich“.
Die anschließende Passage der Landungsbrücken war wieder etwas lustiger, dort hat ein offensichtlich neuer Kapitän einer dieser Barkassen nicht beachtet, dass sich beim Wechsel zwischen Flut und Ebbe die Fließrichtung umkehrt. Er hat durch seine fehlgeschlagenen Manöver den Kanal mehr als eine Viertelstunde komplett blockiert. Das gab uns eine kleine Pause und wir haben amüsiert zugehört wie seine Kollegen auf ihn geflucht haben.
Danach gings weiter zurück über den Fischereihafen bis nach Ovelgönne. Das Wetter wurde immer schlechter und plötzlich habe ich nur noch gesehen, wie mein Vordermann komplett hinter einem Wellenberg verschwand und uns die Strömung mit rasender Geschwindigkeit auf die Dalben des Fährpontons zutrieb. Es machte klick … und ich war im Zittermodus, weil ich offenbar komplett die Kontrolle verloren hatte und das Boot nicht mehr steuern konnte. Das kannte ich bisher nur von einem Renn-Kajak. Einer der Zugvögel schrie auf mich an: „Paddeln … Paddeln … Paddeln“. Tobias König, unser Ausbilder, schrie mich an: „Klapp Dein Steuer ein !!!“.
Nach dem ich mein Steuer in die Skeg-Stellung gebracht hatte, hatte ich wie ein Wunder wieder die volle Kontrolle über das Boot, weil ich es wieder richtig ankannten und kontrollieren konnte. Das war eine sehr wichtige Lektion für mich!
Die Rückfahrt auf der Unterelbe war trotz des ablaufenden Wassers wegen des heftigen Gegenwindes sehr anstrengend. In den von den Buhnen erzeugten Strudeln haben wir noch die Kehrwasserfahrt geübt. Anja hat uns dann noch ihre Rolle gezeigt und dann waren wir auch schon zurück in Blankenese.
Am Ende hatten wir insgesamt 35 wirklich anstrengende km hinter uns, noch ein gemeinsames Abendessen und Abwaschen des Geschirrs und dann waren wir froh in die Heia zu kommen.
Sonntag: Fahrt auf der Alster
Nach einem gemeinsamen Frühstück haben wir unsere Zelte beim RDE abgebrochen den Bootsanhänger der Zugvögel und unser Dachträger mit den Kanus beladen und sind zur Außenalster gefahren.
Wir sind am Sonntag noch entspannte 20 km kreuz und quer Hamburg gefahren. Es gab sogar ein kleines Kaffee, was eine extra Theke für Bootsfahrer hatte. Dort haben wir uns mit Eis und Getränken versorgt. Der ganze Nachmittag war nett aber eben nur wie ein Ausflug, den man am Sontag auch so auf der Havel machen könnte.
Ich hoffe es war halbwegs spannend zu Lesen.
Danke Ralf
Berlin, den 31.03.2023